Massagen spielen in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) eine wichtige Rolle. Die bekanntesten Formen sind die Akupressur und die Tuina Amno, kurz auch Tuina Massage genannt.
Tuina ist eine manuelle Therapie, die klaren Regeln folgt. Wer bei Tuina Massage an Entspannung denkt, hat weit gefehlt. Ähnlich der Akupunktur ist die Behandlung nicht immer schmerzfrei. Ein professioneller Therapeut wird Sie im Vorfeld über alle Einzelheiten aufklären.
Schieben, Greifen, Drücken, Reiben — kurz: Tuina Anmo
Tuina Anmo hat sich als therapeutische Massageform aus dem Vorgänger An-Mo entwickelt. Diese beiden Wörter bedeuten soviel wie drücken und streichen (an), bzw. reiben (mo). Diese Techniken wurden ergänzt durch das Schieben (tui) und das Greifen (na). Die Anwendung dieser Technik kann bis ins 7. Jahrhundert nachgewiesen werden.
Tuina gehört als selbständige, manuelle Therapieform zu den fünf Säulen der TCM. Die Grundlagen bilden die Lehre von der Lebensenergie Qi, den Körpermeridianen (Energieleitbahnen) und Akupunkturpunkten, sowie die energetischen Prinzipien von Yin und Yang und die Fünf-Elemente-Lehre (Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser).
Tuina wird im Rahmen der TCM selten als einzelne Behandlung verordnet. Im deutschen Sprachraum haben sich vor allem eine Kombination aus Tuina, Akupunkturbehandlung und der Einnahme von Kräutern durchgesetzt.
Bei akuten Beschwerden kann Tuina oft nach einer Sitzung Linderung erzielen. Bei chronischen Beschwerden muss der Patient Geduld aufbringen. Tuina Therapien können über Monate verlaufen.
Akupunktur ohne Nadeln — Wie die Tuina Massage wirkt
Die Tunia Anmo-Massage ist eine Ganzkörpermassage. Behandelt werden Störungen der Lebensenergie, dem Chi oder Qi, die Krankheit im Körper verursacht. Werden die Blockaden in den energetischen Leitbahnen gelöst, behandelt man das Problem an der Quelle und nicht nur auf Symptomebene. Nach Unfällen und zur Rehabilitation können auch nur einzelne Körperpartien behandelt werden.
Was mit einfachen Bewegungsabläufen (Schieben, Drücken, Reiben und Greifen) vor 2000 Jahren begann, hat sich bis heute in ein komplexes System mit mehr als 300 verschiedenen Einzelgrifftechniken entwickelt.
Es wird gerollt, geklopft, manchmal sogar gekniffen oder mit der Handkante geschlagen. Als Grundlage der Behandlung dient das Meridiansystem der chinesischen Medizin. Auf zwölf Hauptmeridianen befinden sich 365 Akupunkturpunkte, welche direkt mit unseren Organen verbunden sind.
Die Behandlung erfolgt entlang dieser Leitbahnen, Reflexzonen und großen Muskelgruppen, Sehnen und Faszienstrukturen. Bei der Akupunktur wird der Reiz auf die Energiepunkte mit Nadeln ausgeübt, während bei Tuina die Hände und spezielle Grifftechniken die Stimulation der Punkte übernehmen. Tuina integriert auch Techniken aus der Chiropraktik, indem eine direkte Manipulation der Gelenke erfolgt.
Die Massagen sind im Vergleich zur Akupunkturbehandlung dynamischer und etwas sanfter. Deshalb werden in China auch Kinder mit Tuina-Griffen behandelt. Bis zum 8. Lebensjahr ist das Meridiansystem, so wie wir es bei einem erwachsenen Menschen vorfinden noch nicht vollends ausgebaut. Deshalb muss bei Kinder etwas anders und sanfter behandelt werden. Es gibt neben den Grundtechniken rund 200 Tuina-Punkte, die sich vor allem auf der Hand und an den Fingern befinden und bei Kindern zum Einsatz kommen.
Patienten berichten nach einer Behandlung von vielfältigen Effekten: Erhöhte Konzentration, verbesserte Sehkraft, tiefere Atmung und geschmeidigere Bewegungen.
Tuina Massagen eignen sich nicht nur für akute medizinische Versorgung sondern auch als Prävention und Prophylaxe, denn sie reduziert Stress und Nervosität.
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Ablauf einer Tuina (AnMo) Behandlung
Tuina Massagen eignen sich für alle Altersgruppen, vom Säugling bis zum Greis. Die Intensität der Massage wird dem Energieniveau und den Beschwerden der Person angepasst. Eine vorausgehende Anamnese durch einen fachkundigen Therapeuten oder TCM-Arzt ist essentiell.
Die Diagnose setzt sich zusammen aus einer intensiven Befragung zu den Lebensumständen, Ess- und Schlafgewohnheiten, sowie der Untersuchung der schmerzenden Körperteile oder physiologischen Problemzonen (Verdauungstrakt).
Ergänzt wird das Gespräch durch eine Puls- und Zungendiagnose. Auch das Erscheinungsbild des Patienten, seine Haut, Körperhaltung und Gestik fließt in den Diagnoseprozess mit ein. Ein gewissenhafter TCM-Therapeut wird immer auch schulmedizinische Untersuchungsergebnisse (Röntgenaufnahmen und Berichte von Fachärzten) berücksichtigen. Er versucht aus der Summe aller Teile eine Diagnose zu stellen und dementsprechend eine individuelle Behandlung abzustimmen.
Der Patient wird auf einer Liege behandelt und bleibt während der gesamten Sitzung leicht bekleidet. Aus hygienischen Gründen können zusätzlich leichte Baumwolltücher über die zu behandelnden Stellen gelegt werden. Die Massage erfolgt ohne Öl.
Der Therapeut hat nicht die Stimulation über die Hautoberfläche im Blick, sondern geht mit seinen Griffen langsam immer tiefer, ins Unterhautgewebe. Tuina ist nicht immer schmerzfrei. Handkante, Ellenbogen und Faust — der Massagetherapeut kann alle Körperteile einsetzen, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen.
Die Behandlungsdauer ist abhängig von der Diagnose und der Konstitution des Patienten. Wird nur gezielt ein Bereich (z.B. Schulter-Nacken) angesprochen, reichen 20 Minuten aus. Handelt es sich um eine prophylaktische Ganzkörpermassage, kann die Behandlung bis zu einer Stunde dauern.
Die Kosten für eine Tuina Behandlung sind mit denen einer Akupunktursitzung vergleichbar und liegen zwischen 50 bis 80 Euro bei Erst- oder Einmalbehandlung und 30 bis 50 Euro pro Folgebehandlung.
Indikationen und Kontraindikationen
Die Tuina-Massage ist vielfältig einsetzbar und hilft bei einem akuten grippalen Infekt genauso gut, wie gegen chronische Schmerzen im Bewegungsapparat, da die Behandlung individuell nach Diagnosestellung verläuft.
Bei Kindern:
- Schlafstörungen
- Hyperaktivität
- Allergien
- Verdauungsbeschwerden
Bei Frauen:
- Hormonelle Regulation und Kinderwunsch
- Gynäkologische Störungen, z.B. schmerzhafte Menstruationsbeschwerden (Dysmenorrhoe)
- Wechseljahrsbeschwerden
- Kopfschmerzen und Migräne
- Schlafstörungen
- Chronische Blasenentzündung
Bei älteren Menschen:
- Arthrose, Verschleiß und Gelenksschmerzen
- Rheumatischen Erkrankungen
- Erschöpfungszuständen
- Rehabilitation nach Verletzungen oder Operationen
- Spastische oder halbseitige Lähmungen nach Schlaganfällen
Bei Erkrankungen des Bewegungsapparates:
- Erkrankungen der Wirbelsäule (Halswirbel‑, Brustwirbel- und Lendenwirbelsäule)
- Akute Bandscheibenbeschwerden und Vorfälle
- Chronische Rückenschmerzen
- Ischiasschmerzen, Hexenschuss
- Schulter-Nackenbeschwerden
- Sportverletzungen
- Gelenkschmerzen von Hüfte, Knie, Sprunggelenk, Ellenbogen und Handgelenk
- Sehnenscheidenentzündung
- Tennis- und Golfarm-Syndrom
Bei Erkrankungen der inneren Organe:
- Kreislaufstörungen, Bluthochdruck (Hypertonie), Blutniedrigdruck (Hypotonie)
- Durchblutungsstörungen der Hände, Füße und Beine
- Funktionelle Magen-Darmstörungen, Reizdarmsyndrom und Sodbrennen
- Gastritis (Magenschleimhautentzündung)
- Neurologische und vegetative Störungen
Bei Erschöpfung, allgemeiner Reizbarkeit und Schlafstörungen:
- Nervosität, Unruhe
- Schwindelgefühl, Kurzatmigkeit, flache Atmung
- Muskelkrämpfe
- Herzbeschwerden, Rhythmusstörungen
- Psychische Störungen, Ängste, Depressionen
- Erkrankung des Innenohrs mit Drehschwindel, Hörminderung und Tinnitus
- Nervenschmerzen (Neuralgien)
- Hautprobleme wie Neurodermitis, Gürtelrose, Schuppenflechte
Wann sollte auf eine Tuina-Behandlung verzichtet werden?
- Bei (Problem-)Schwangerschaft (z.B. Plazenta Praevia)
- Entzündungen, akuten Verletzungen und ansteckenden Krankheiten
- bösartige Tumore
- schwere Form der Osteoporose
- Hautverletzungen, Hautgeschwüre (Ulzera), offene Wunden, Verbrennungen
Ursprung und Geschichte der chinesischen Massage
Die moderne Tuina Massage hat sich über viele Jahrhunderte entwickelt. Sie wird auch heute noch angesichts neuer Erkenntnisse der TCM ständig weiter entwickelt.
Die ersten überlieferten Erwähnungen von An-Mo, dem Vorgänger des heutigen Tuina, finden sich im TCM-Klassiker schlechthin, dem “Buch des Gelben Kaisers”, dessen Ursprünge ins 1. Jahrhundert v. Chr. zurück gehen. Bereits im 6. Jahrhundert waren Massagen eine vom Kaiserhof offiziell verwaltete Angelegenheit neben Akupunktur und Arzneimittelgabe.
Stetige Praxis, Beobachtung, Forschung und Einflüsse auch aus anderen südostasiatischen Kulturräumen, die sich das wachsende China einverleibt hat, haben die chinesischen Massagetechniken bereichert.
Heute ist die Tuina Behandlung in chinesischen Krankenhäusern nicht mehr weg zu denken und erfreut sich auch in unseren Breitengraden wachsender Beliebtheit.
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